Speyerer Rundschau vom 14.02.2024
Schwimmen: Vor gut zwei Jahren lassen drei ukrainische Flüchtlingsmädchen alles zurück. Der WSV Speyer nimmt sie gerne auf. Nun trainiert das Trio anders, besucht hier die Schule und setzt Ausrufezeichen im Wasser.
Speyer. Das Wasser ist das Element von Angelina Yasenieva (12) und den Zwillingen Violetta und Veronika Selifonova (18). Vor gut zwei Jahren kamen sie aus der Ukraine nach Deutschland. Im Wassersportverein (WSV) Speyer schwimmen sie. Und stellen fest: Die Trainer sind ganz schön schwierig. Diszipliniert zu trainieren, das kennen die Schwestern Violetta und Veronika aus ihrer Heimat Mariupol eigentlich. Nach der Flucht vor dem Krieg in der Ukraine und der Ankunft in der Domstadt stellten sie fest: Es geht noch mehr. „Wir hatten zu Hause jeden Tag Training, außer am Sonntag. Hier ist es viel schwieriger“, sagt Violetta. Doppelte Trainingszeit. Allein die Zeit fordert heraus. Übten die jungen Frauen bisher eine Stunde am Stück, kommen sie beim WSV auf zwei. Dafür suchen sie an nur vier Tagen in der Woche das Speyerer Bademaxx auf, wo der Verein die Bahnen nutzt.
Angelina Yasenieva ist ebenfalls zu ihrem Traumsport zurückgekehrt. „Ich war schon zu Hause Schwimmerin bei meinem Verein Triton“, erzählt sie und auch, dass sie dort Erfolge erzielte. Dabei wusste sie als kleines Kind noch nicht so richtig, dass Schwimmen das Richtige ist. Heute kann sich Angelina nichts anderes mehr vorstellen. „Mein Papa war früher auch Schwimmer. Dann hat er aber ein neues Hobby im Schützenverein gefunden“, berichtet die aufgeweckte Ukrainerin. Dennoch habe ihr Vater sie motiviert, es auch mal mit Bewegung im Wasser zu versuchen. „Meine Mutter wollte lieber, dass ich tanze. Aber mein Vater hat sich durchgesetzt“, merkt Angelina lächelnd an. Sie ist froh darüber.
Der Schwimmsport liegt ihr. Die Titel der südwestdeutschen Meisterin über 100 und 200 Meter Rücken sowie Platz zwei über 50 m Rücken sicherte sich das Mädchen in dieser Saison. „Sie war sofort qualifiziert“, ist Trainerin Sina Vogelsang begeistert von dem Talent und der Willenskraft ihres Schützlings. Rücken sei Angelinas Speziallage. Die Jugendliche freut sich, an ihre Leistung von einst anzuknüpfen. „Ich war sechs Monate ohne Training, habe dann erst in Ludwigshafen einen Verein gefunden. Aber da waren die Trainer nicht so gut“, erklärt sie. Ein Freund, der ihrer Familie in Schifferstadt eine Wohnung besorgte, machte Angelina auf den WSV aufmerksam. Mit der Verständigung klappt es hervorragend.
„Am Anfang war es schwer. Aber durch den Verein ist die Sprache schnell besser geworden“, betont die junge Schwimmerin, die in Schifferstadt das Paul-von-Denis-Gymnasium besucht.
Die Berufswünsche. Auch die ukrainische Gebärdensprache beherrscht sie. „Meine Mutter kann nicht so gut hören, mein Vater gar nicht“, wirft sie ein. Violetta und Veronika gehen in Speyer auf die Johann-Joachim-Becher-Berufsschule. Beide machten ihren Realschulabschluss noch in der Ukraine. Violetta möchte Tierärztin werden, Veronika Flugbegleiterin. Ehrgeiz legen die beiden nicht nur bei der Berufswahl an den Tag. Im Becken zahlte sich der bereits aus. „Ich hatte zuerst immer schlechte Zeiten. Auf einmal wurde ich richtig gut. Das hat angetrieben“, versichert Violetta. Die nächsten Wettkämpfe stehen an. Nach Ludwigshafen folgt das Heimspiel im Bademaxx im März und die Rheinland-Pfalz-Meisterschaft im Frühjahr. Ein Ziel fassen Angelina und ihre Trainerin fest ins Auge: „Wir wollen die 200 Meter Lagen angehen, damit sie in den Förderkader aufgenommen wird“, kündigt Vogelsang an.